Wie immer zu Jahresbeginn schießen in der Finanzwelt und in den ihr verbundenen Medien allerlei Prognosen wie Pilze aus dem Boden. Das klingt dann meist so oder so ähnlich: Wie geht es unter dem Corona-Einfluss weiter mit der Wirtschaft und den Börsen? Und wird dann immer filigraner: Welche Anlagebereiche sollte man im neuen Jahr bevorzugen? Bis hin zu den ganz gewagten Fragen: Wo wird der DAX am Jahresende stehen? Welche Aktien werden die Gewinner des Jahres sein? Die Herleitungen der Antworten klingen oft schlüssig, verschleiern aber, dass noch so tiefschürfende Analysen und auch eine jahrzehntelange Kapitalmarkterfahrung keine treffsicheren Antworten liefern können – am allerwenigsten nach einem so extrem turbulenten und vollkommen unvorhersehbaren Anlagejahr wie 2020.
Trotz alledem möchten auch wir heute einen Blick auf die aktuellen Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten werfen und Auskunft darüber geben, was unseres Erachtens die Märkte kurz- bis mittelfristig umtreiben und bewegen wird. Dies tun wir trotz der Tatsache, dass wir die meisten herkömmlichen Prognosen, die den Anleger oftmals zu sehr risikoreichen Anlageentscheidungen animieren, für überflüssig, ja sogar gefährlich halten. Unser Ziel ist es vielmehr, Sie auf das Anlagejahr einzustimmen und Sie mit unseren Überlegungen und Erläuterungen eben genau vor überstürzten Handlungen oder vermeintlich brandheißen Anlagetipps zu schützen (wie z. B. derzeit stark gefragten, aber seriös nicht empfehlenswerten Bitcoin-Investments).
Zusammengefasst beurteilen wir die Lage derzeit wie folgt:
Aktien: Der starke Kursanstieg der letzten Monate legt sicher den Schluss nahe, dass die Börsen schon einige Vorschusslorbeeren für eine nachhaltige Erholung von Wirtschaft bzw. Unternehmensgewinnen (in der Nach-Corona-Zeit) verteilt haben. Dennoch und auch trotz der zweifelsohne vorhandenen Ungewissheiten rund um das Corona-Virus überwiegen unseres Erachtens die Positivfaktoren, die genügend Potenzial für ein weiteres positives Aktienjahr bergen, auch wenn die (Börsen-)Bäume dabei nicht in den Himmel wachsen dürften. Mangelnde Alternativen, staatliche Ausgabenprogramme, eine ultralockere Geldpolitik der Notenbanken und nicht zuletzt die weltweit gestarteten Impfkampagnen bleiben mächtige Verbündete der Aktienmärkte.
Anleihen: Ein vermutlich eher holpriges Anleihejahr 2021 liegt vor uns. Viele als sicher geltende Anleihen werfen mittlerweile keine Rendite mehr ab. Eine positive Rendite gibt es nur noch, wenn der Anleiheinvestor stärker ins Risiko geht – sprich sehr lange Laufzeiten wählt (erhöht das Schwankungsrisiko bei Zinsänderungen) oder Abstriche bei der Bonität des Anleiheschuldners macht (erhöht das Schwankungs- und Rückzahlungsrisiko). Trotz der eher gedämpften Aussichten bleiben Anleihen (breit gestreut nach Laufzeiten und Bonitäten) aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften (kalkulierbare Zahlungsströme, weniger schwankungsanfällig) ein unverzichtbarer Depotbestandteil zur Stabilisierung eines breit aufgestellten Portfolios.
Gold: Insgesamt sprechen unseres Erachtens aktuell mehr Argumente für Gold als dagegen. Extrem niedrige Zinsen und ein von vielen Unwägbarkeiten geprägtes Marktumfeld sind ein guter Nährboden für Goldanlagen. Wir gehen davon aus, dass sich das Edelmetall auch in diesem Jahr positiv entwickeln wird. Wir rechnen allerdings nach dem starken Kursverlauf im vergangenen Jahr nur mit einem moderaten Anstieg.
Sonstige Rohstoffe: Noch mehr als bei anderen Anlageklassen sehen wir bei Rohstoffen aus dem Industriemetall-, Energie- und Agrarsektor eine hohe Abhängigkeit vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie und der damit zusammenhängenden Wirtschaftsentwicklung. Auch wenn wir zuversichtlich sind, dass sich letztlich die Kraft der Weltwirtschaft und die menschliche Innovations- und Anpassungsfähigkeit durchsetzen werden, bleiben wir in Bezug auf entsprechende Rohstoffanlagen zurückhaltend gestimmt. Sollte es zu unvermutet starken Wirtschaftsrückschlägen kommen, stehen sie u. E. bei Kursrückgängen in der ersten Reihe.
Auch wenn hier einzelne Marktsegmente ausdrücklich positiv besprochen werden, warnen wir davor, diesen in Ihrem Vermögen ein zu nennenswertes Gewicht zu verleihen, denn damit verlassen Sie den Weg der strategischen Investition und bewegen sich in die Gefilde der Spekulation. Und wie formulierte es schon Goethe in seinem „Faust I“ sehr trefflich:
ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt,
und ringsumher liegt schöne, grüne Weide.
In diesem Sinne: Bleiben Sie mit dem Löwenanteil Ihres Vermögens auf der schönen grünen Weide von international breit gestreuten Investments, die sich an der globalen Kapitalverteilung an den Börsen orientieren.
Autor: Prof. Dr. Stefan May, Leiter Anlagemanagement der Quirin Privatbank, und sein Team
Wir möchten mit Ihnen diese und andere Fragen klären:
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