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„Investieren wie die Profis!“

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In letzter Zeit häufen sich solche oder ähnliche Schlagzeilen in Sachen Geldanlage. Sich anschließender Tenor: Auch Privatkundinnen und -kunden können mit dem „richtigen“ Produkt vom „richtigen“ Anbieter nun einfach und schnell in exklusive und besonders lukrative Anlagesegmente investieren, wie zum Beispiel Private Equity. Von den dadurch erzielbaren Renditen und Wertzuwächsen – so die subtile Botschaft – könnten „normale“ Investorinnen und Investoren nur träumen. Investieren wie die Profis eben.

Drei unausgesprochene Botschaften

Mit Versprechungen wie den erwähnten werden im Grunde unausgesprochen die folgenden Botschaften transportiert:

  • Es gibt Anlagemöglichkeiten, mit denen eindeutig höhere Renditen erzielbar sind als mit den bis dato der Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Anlagen an den internationalen Aktien- und Anleihemärkten.
  • Diese in der Regel illiquiden Anlagemöglichkeiten stehen bisher leider lediglich einem erlauchten Kreis besonders betuchter Privatkundinnen und -kunden bzw. sogenannter Profis zur Verfügung.
  • Diese exklusiven Anlagemöglichkeiten werden nun gewissermaßen liquide gemacht und stehen damit endlich auch „normalen“ Privatanlegerinnen bzw. Privatanlegern zur Verfügung.   

So überzeugend die hinter den genannten Punkten stehende Story auch klingen mag, letztlich ist sie nicht haltbar. Mit dem vorliegenden Logbuch möchten wir verdeutlichen, warum das so ist, und insbesondere darauf verweisen, dass die ganze Angelegenheit nicht so eindeutig ist, wie sie klingt, und dass es darüber hinaus auch noch einen ganz großen Haken gibt.

Eine besondere Rolle spielen hierbei Investitionen in sogenannte „Private Equities“, eine Anlagekategorie, die einen ähnlich legendären Ruf hat wie die sogenannten „Hedge Fonds“. Im Folgenden wollen wir daher zunächst einen genaueren Blick auf dieses schillernde Anlagesegment werfen.

Was hinter Private Equity steckt

Mit Private-Equity-Anlagen beteiligt man sich an (meist kleineren) nicht börsennotierten Unternehmen – im Unterschied zum sogenannten Public Equity, also öffentlichen, börsengehandelten Unternehmen, sprich Aktien. Private-Equity-Investitionen erfolgen in der Regel mit Hilfe von speziellen Beteiligungsgesellschaften bzw. Private-Equity-Fonds. Diese sammeln Kapital von privaten Anlegerinnen und Anlegern ein und kaufen dafür Anteile der entsprechenden Zielunternehmen. Das zufließende Kapital soll in diesen z. B. zur Optimierung betrieblicher Abläufe sowie zu entsprechenden Effizienz- und Profitabilitätsverbesserungen beitragen. Letztliches Ziel aller Maßnahmen ist eine Steigerung der Werte der Unternehmen, in die investiert wurde, was sich dann in einer möglichst hohen Rendite für die Investorinnen und Investoren niederschlagen sollte. Häufig kommt es dabei auch zum Einsatz von Fremdkapital, um die (Eigenkapital-)Renditen der Zielunternehmen zu hebeln („Leverage“). Da die entsprechenden Investitionen meist langfristiger Natur sind, sind Private-Equity-Investments in der Regel mit einer eingeschränkten Liquidierbarkeit und langen Laufzeiten verbunden. 

Doch wie verhält es sich nun mit diesen Anlagemöglichkeiten? Bieten sie wirklich verlässliche Überrenditen? Und vor allem: Können sie ohne Schaden für die Allgemeinheit investierbar gemacht werden? Dem wollen wir in den nächsten Abschnitten nachgehen.

Wirklich verlässliche Überrenditen?

Einer der Hauptgründe, warum Private Equity derzeit ein so großes Thema ist, besteht in der Annahme, dass diese Investments tatsächlich und systematisch eine höhere Renditeerwartung aufweisen als andere Anlageformen. Genau daran jedoch gibt es erhebliche Zweifel. So zeigen mittlerweile unterschiedliche Studien[1], dass die damit erzielbaren Renditen keinesfalls verlässlich höher sind als beispielsweise die eines internationalen Aktienportfolios. Ein solches Portfolio hat in den letzten Jahrzehnten im Schnitt rund 7 % p. a. erwirtschaftet.

Wertentwicklung internationaler Aktien schwer zu übertreffen

Dass (privatkundenfähige) Private-Equity-Investments diese Rendite sogar übertreffen, ist gewissermaßen die Arbeitsgrundlage vieler entsprechender Produktanbieter. Ohne an dieser Stelle endgültig entscheiden zu wollen, ob dies berechtigt ist, lässt sich doch festhalten: Die wesentliche Säule der Attraktivität von Private-Equity-Anlagen – nämlich ihre angenommene Überrendite – steht auf keinem sicheren Fundament.    

Wunderwaffe der Profis?  

Doch warum ist dieses Anlagesegment bei institutionellen Investoren wie Pensionsfonds oder Stiftungen (wie z. B. bei der berühmten US-Elite-Uni Yale) trotzdem seit Jahrzehnten sehr beliebt? Der Grund ist folgender: Diesen Investoren geht es in erster Linie nicht um eine überlegene Rendite oder gar darum, den Markt zu schlagen. Stattdessen geht es vor allem um eine möglichst breite Diversifikation des Portfolios. Sie nutzen die speziellen Rendite-Risiko-Profile von Private-Equity-Anlagen, um sich unabhängiger von den allgemeinen Kursbewegungen von klassischen Aktien und Anleihen zu machen. Und hierfür sind Private-Equity-Investments – sofern sie sauber und kosteneffizient konstruiert sind – durchaus geeignet, und zwar völlig unabhängig von der Frage, ob sie nun eine systematische Mehrrendite bieten oder nicht.

Halten wir also fest: Die oftmals behauptete Überrendite von Private-Equity-Investments ist alles andere als gesichert. Der Grund, warum viele Institutionelle trotzdem in sie investieren, ist in erster Linie nicht eine angenommene Outperformance (obwohl man eine solche gegebenenfalls gerne mitnimmt), sondern liegt in jeweils angestrebten, oftmals sehr speziellen Rendite-Risiko-Profilen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich bereits die Frage, wie sinnvoll es ist, solche Anlagen nun auch für Privatanlegerinnen und -anleger investierbar zu machen. Und vor allem: ob das tatsächlich ohne Schaden, sprich Renditeschmälerung, möglich ist.

Private-Equity-Anlagen – kann man sie wirklich ohne Schaden investierbar machen?  

Illiquide Anlagen und dabei speziell auch Private-Equity-Lösungen, wie sie für Yale & Co. konstruiert werden, sind für Privatkundinnen und -kunden aufgrund regulatorischer Beschränkungen und/oder sehr hoher Mindestanlagesummen in aller Regel nicht investierbar.

Was oft schwungvoll bei Privaten beworben wird, sind meist Dachfonds oder Investmentzertifikate, die ihrerseits in riesige Private-Equity-Konstrukte investieren. Aufgrund ihres in der Regel erheblichen Volumens sind diese häufig überinvestiert, d. h., das angelegte Geld muss wenig zielgerichtet mehr oder weniger mit der Gießkanne ausgegeben werden.

Dazu kommt, dass es sich in den meisten Fällen um doppelte, manchmal auch dreifache Fondsstrukturen handelt, mit einer entsprechenden Kostenbelastung. Da gibt es dann z. B. einen Dachfonds und darunter Zielfonds, die teilweise nochmals in Zielfonds investieren, und es wird auf allen Ebenen auf Kosten der Privatkundschaft Geld verdient.

Außerdem wird in solchen Fondskonstruktionen oft viel Kasse vorgehalten. Dies geschieht, um eine gewisse Liquidität der eigentlich weitgehend illiquiden Anlagen zu gewährleisten, also um – zumindest in begrenztem Umfang – vorzeitige Rückgabewünsche von Anlegerinnen und Anlegern bedienen zu können. Dies kostet aber ebenfalls Rendite, denn dadurch können Teile des Fondsvolumens nicht renditeträchtig investiert werden.

All diese Faktoren zusammengenommen schmälern selbstverständlich die Rendite, die bei den Anlegerinnen und Anlegern letztlich ankommt.

Tatsächlich sehen wir in den verschachtelten Kostenstrukturen den hauptsächlichen Grund dafür, warum Banken solche Anlagemöglichkeiten derzeit verstärkt anbieten. Sie sind vordergründig attraktiv, schwer zu durchschauen, aber extrem provisionsträchtig. Damit bieten sie eine hervorragende Möglichkeit, den schwindenden Absatz teurer aktiv gemanagter Fonds auszugleichen. Diese werden am Markt immer weniger nachgefragt, weil sich als die kostengünstigere und qualitativ bessere Alternative zunehmend ETFs etablieren.

Was hat es mit den ELTIFs auf sich?

Seit kurzem taucht in der Presse und auch in der Bankenwelt in diesem Zusammenhang eine vermeintliche Produktneuheit auf, der sogenannte ELTIF (European Long-Term Investment Fund). Dieses Anlageinstrument gibt es allerdings schon seit ca. 10 Jahren, weshalb auch manchmal die Bezeichnung ELTIF 2.0 genutzt wird.

ELTIFs sind ein von der EU eigens ins Leben gerufenes Fondsvehikel, mit dem explizit Privatkundinnen und -kunden auch in speziellere Anlagebereiche mit an sich langer Laufzeit investieren können, und das mit einem gewissen Streuungsgrad. In der neuen 2.0-Version wurde das Konstrukt mit Blick auf Komplexität und Flexibilität etwas entschlackt. Es kommt nun ohne oder zumindest mit niedrigen Mindestanlagesummen aus. Auch sollen unter Beachtung gewisser Halte- und Kündigungsfristen vorzeitige Rückgaben möglich gemacht werden. Letztlich kann das aber nicht wirklich funktionieren. In guten Zeiten möchte kaum jemand liquidieren und die vorgehaltene Kasse mindert die Rendite. In schlechten Zeiten wollen nahezu alle verkaufen und die Kassenposition reicht dann vorne und hinten nicht. Das kann einen Fonds in seinen Grundfesten erschüttern. 

Illiquidität – ein sehr hoher Preis für eine ungewisse Mehrrendite

Es hat schon einen guten Grund, warum in nahezu allen Darstellungen des Spannungsfeldes bei einer Geldanlage neben der Rendite und dem Risiko immer auch die jederzeitige Liquidierbarkeit genannt wird.

Spannungsfelder in der Geldanlage

Bei Investments an den internationalen Aktien- und Anleihemärkten muss dem Aspekt der Liquidierbarkeit keine besondere Beachtung geschenkt werden, da diese Märkte gewissermaßen von Haus aus liquide sind: Jedes Wertpapier kann jederzeit veräußert werden. Nicht immer zu den Kursen, zu denen gekauft wurde, in jedem Fall aber zu fairen Marktkursen.

Sobald man es aber mit Private Equity zu tun hat, muss die Liquidierbarkeit besonders beachtet werden. Denn sie stellt sicher, dass man jederzeit – und vor allem auch in Notfällen – an sein Geld kann. Dies ist bei illiquiden Anlagen konstruktionsbedingt nicht gewährleistet. Und wie sich zeigt, hilft auch der Versuch nicht wirklich weiter, sie durch spezielle Fondskonstruktionen, wie ELTIFs, vordergründig liquidierbar zu machen. Im Ernstfall bleibt man letztlich doch auf einer illiquiden Anlage sitzen.

Wie man es auch dreht und wendet: Im Rahmen der beschriebenen Fondskonstruktionen bindet man sein Vermögen jahrelang an ein Fondsmanagement, ohne genau zu wissen, was damit eigentlich passiert. Speziell für Privatanlegerinnen und -anleger halten wir die damit verbundenen Nachteile und Risiken für größer als die Gefahr von (vorübergehenden) Kursverlusten an den liquiden Aktien- und Anleihemärkten. Berücksichtigt man dann auch noch, dass die mit einem Liquiditätsrisiko unter Umständen erzielbaren Überrenditen alles andere als sicher sind (bzw. im Prozess des „Liquidemachens“ wegkonkurriert werden), drängen sich solche Anlagen nun wirklich nicht auf.

Fazit für Ihre Vermögensanlage

Die vor allem gegenüber der Privatkundschaft beworbenen Renditeprojektionen von Private-Equity-Investitionen und vieler anderer sogenannter alternativer Anlagen stehen auf sehr dünnem Eis. Wie wissenschaftliche Studien zeigen, sind Überrenditen gegenüber klassischen Aktieninvestments keinesfalls „garantiert“, auch wenn das häufig unterschwellig suggeriert wird.

Dazu kommt der große und häufig unterschätzte Nachteil solcher Anlagen, dass man notfalls nicht über sein investiertes Vermögen verfügen kann. Versuche, die mangelnde Liquidität durch spezielle Fondskonstruktionen zu beheben, schmälern die Renditeerwartungen. Zudem stellen sie nur Hilfskonstruktionen dar, die vermutlich dann versagen, wenn es am meisten darauf ankommt, nämlich wenn alle an ihr Geld wollen. Letztlich erhalten Privatkundinnen und -kunden damit lediglich überteuerte, verschachtelte und nur mit scheinbarer Liquidität ausgestattete Anlagemöglichkeiten.  

Auch die neu ausgestalteten ELTIFs lösen dieses grundsätzliche Problem nicht. Sie bieten für Privatanlegerinnen und -anleger keinen wirklichen Mehrwert, zumal auch hier mit strammen Kosten zu rechnen ist.

Autor: Prof. Dr. Stefan May, Leiter Anlagestrategie und Produktentwicklung der Quirin Privatbank

 

Überteuerte Anlageprodukte mit überhöhten Renditeversprechen gehören definitiv in die Kategorie „kann getrost weglassen werden“. Dinge oder bestimmte Verhaltensweisen wegzulassen, kann in vielen Alltagssituationen, aber eben auch bei der Geldanlage an vielen Stellen sehr hilfreich sein. Wann in diesem Zusammenhang weniger wirklich mehr ist, lesen Sie in der folgenden Tagebuch-Ausgabe unseres Vorstandsvorsitzenden Karl Matthäus Schmidt vom 15. März 2024: „Die Kunst des Weglassens“.

Die Kunst des Weglassens

 

[1] Studien-Beispiele: Phalippou, Ludovic (2020): „An Inconvenient Fact: Private Equity Returns and the Billionaire Factory“; In: The Journal of Investing; December 2020 (https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3623820); Chandra u. a. (2019): „Demystifying Illiquid Assets: Expected Returns for Private Equity“ (https://www.studocu.com/row/document/north-south-university/corporate-finance/expected-returns-for-private-equity/34297543)

 

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Hören Sie passend zum Thema unseren Podcast „klug anlegen“

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