Mit seiner Vorliebe, in Kunst zu investieren, ist er nicht allein – so lässt sich derzeit ein nicht unerheblicher Boom in Sachen Kunstanlagen beobachten. Immer wieder werden Rekordpreise bei Auktionen erzielt, TikTok-Influencer zeigen ihre neuesten Errungenschaften im Netz, Privatbanken locken mit hauseigenen Art Advisories. Kunst wird immer mehr zum Lifestyle und zum Statussymbol, so scheint es. Nicht selten wird sie auch als solide Wertanlage verkauft – es wird damit geworben, dass Kunst eine gute Rendite bringt, wertstabil ist, zur Diversifikation im eigenen Portfolio dienen kann und vieles mehr. Ich will mir heute einmal anschauen, was da dran ist – an Kunst als Geldanlage und nicht aus ästhetischen Gesichtspunkten.
Wie rentabel ist eine Investition in Kunst?
Am spannendsten ist sicher die Rendite, da sie am stärksten „zieht“, wenn Menschen Kunst als Investitionsobjekt in Betracht ziehen. Die Marketingabteilungen von Kunstmaklern und Investmentplattformen, die mit der Investition in Kunst Geld verdienen wollen, aber auch Händler und Auktionshäuser locken die potenzielle Kundschaft mit attraktiven Renditeversprechen. Da ist von „10,95% jährliche Performance, nachweislich seit über 55 Jahren“1 die Rede. Oder von einer Outperformance, die den S & P 500 seit 1986 um 240 % übertroffen hat.2 Zahlen, die jedem Anleger die Dollarzeichen in die Augen treiben.
De facto gibt es in der Kunst-Szene – im Gegensatz zur Kapitalmarktforschung, die auf umfassende Daten der Vergangenheit zurückgreifen kann –, kaum historische Renditedaten zu Kunstwerken. Die wenigen belastbaren Untersuchungen, die existieren, kommen zu dem Ergebnis, dass die Renditen von Gemäldekunst beispielsweise deutlich unterhalb der Renditen von Aktienanlagen liegen. Die Wissenschaftler Li, Ma und Renneboog kamen 2022 zu dem Ergebnis, dass die inflationsbereinigte Rendite von Gemäldekunst von 1959 bis 2016, also über einen Zeitraum von 58 Jahren, bei gerade einmal 1,22 % per anno liegt, ohne Kosten und Steuern wohlgemerkt. Dem gegenüber hat ein breit gestreutes Aktieninvestment in der Vergangenheit im Schnitt eine Rendite von 8 % per anno gebracht.3
Spannend in diesem Zusammenhang auch der „Contemporary Art Investment Guide“ des Kunstmaklers Maddox. Er vergleicht die Rendite eines Gemälde-Index mit dem S & P 500 sowie dem FTSE-100 im Zeitraum 2000 bis 2024.4 Laut dieser Analyse hat zeitgenössische Kunst den amerikanischen und den britischen Aktienmarkt deutlich outperformt. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich aber, dass die Renditen, die Maddox verwendet hatte, stark von den tatsächlich erzielten Aktienmarktrenditen abwichen, zu deren Ungunsten natürlich.
Und das scheint ein wenig System zu haben – Kunstmakler stellen Aktienrenditen nicht selten künstlich niedrig dar, beispielsweise indem sie ohne Dividenden ausgewiesen werden. Oder es werden manipulativ wirkende Vergleichszeiträume verwendet, zum Beispiel ab dem Jahr 2000, also kurz nach dem Dotcom-Crash, als es um die Aktienmärkte nicht gut bestellt war. Darüber hinaus werden die oft sehr hohen Transaktions- und Lagerkosten bei Kunst ausgeblendet, die oft 15 % und mehr betragen.
Wie riskant ist es, in Kunst zu investieren?
Neben der Rendite sind die Risiken einer Anlage ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg einer Investition. Wer ein einzelnes Kunstwerk erwirbt – in der Hoffnung auf eine künftige Wertsteigerung – verhält sich im Grunde wie jemand, der alles auf eine einzelne Aktie setzt. Das ist klassisches Stock Picking. Es kann gutgehen. Aber es ist und bleibt Spekulation. Die Krux: Wenn mir einmal solch ein „lucky punch“ gelungen ist, denke ich, das ist immer so – ist es aber nicht.
Anders als bei einer breit gestreuten Geldanlage, fehlt sowohl bei der Einzelaktie wie bei einem einzelnen Kunstwerk die Risikostreuung. Kommt es zu einem Skandal um den Künstler, verliert er an Relevanz, oder ändert sich einfach der Kunstgeschmack der Menschen, dann sinkt der Wert seiner Werke rapide. Wie bei der Einzelaktie eines Unternehmens: Kippt der Erfolg, kippt auch der Kurs. Das Bild eines bestimmten Künstlers zu kaufen, weil seine Werke „im Trend“ liegen, ist nicht viel anders, als im Hype um eine Tech-Aktie schnell einzusteigen. Beide Entscheidungen beruhen selten auf belastbaren Fundamentaldaten – dafür umso mehr auf Bauchgefühl, Hoffnungen und schönen Geschichten.
Wie einfach ist es, in Kunst zu investieren?
Gut, nun könnten Sie sagen: Ich kaufe keine einzelnen Kunstwerke, sondern investiere in einen Kunstindex. Aber auch das ist nicht so einfach wie wir das vom Aktienmarkt kennen. Schon die Konstruktion von Kunstindizes bringt erhebliche methodischen Hürden mit sich, das zu vertiefen, würde an dieser Stelle zu weit führen.5 Zudem gibt es quasi keinen Zugang zu breit gestreuten Kunstindizes für Privatanleger, es fehlt an Transparenz und Standardisierung bei Preisbildung und Qualität. Stattdessen existieren hohe Einstiegshürden auf einem insgesamt sehr illiquiden Markt.6
Und auch Unternehmen, die sich auf die Tokenisierung von Kunst spezialisiert haben, bieten ihre Dienste für teuer Geld an. Sie verdienen – ähnlich wie provisionsfinanzierte Banken – in der Regel einen Ausgabeaufschlag von 2 % und eine jährlich anfallende Managementgebühr von 2 %. Hinzu kommt oft eine Gewinnbeteiligung von 10 % und mehr. Eine Menge Kosten, die erst mal wieder verdient werden müssen.