Wenn ich es schaffe, mir abends um 20 Uhr die Tagesschau anzusehen, steht natürlich vorher auch die „Börse vor acht“ auf dem Programm. Die kommt vom Frankfurter Parkett und im Hintergrund sehe ich die bekannte Tafel mit der DAX-Kurve. Der DAX ist der Leitindex in Deutschland. Damit müsste er doch eigentlich die Crème de la Crème der deutschen Unternehmen abbilden. Und was war die letzte Änderung im DAX? Delivery Hero ersetzt das insolvente Skandalunternehmen Wirecard. Na, herzlichen Glückwunsch! Ein mit rund 18 Mrd. Euro bewerteter Essenslieferdienst, der seine Dienstleistung übrigens in Deutschland gar nicht (mehr) anbietet, steigt in die erste Liga auf. In seinem Kerngeschäft hat er übrigens noch nie einen Cent Gewinn gemacht – völlig egal. Erreichen der Gewinnschwelle – nicht in Sicht. Aktuell steigt der Verlust sogar schneller als der Umsatz – na und?
Nicht nur als Banker, sondern auch als Unternehmer frage ich mich da, ob so tatsächlich die Spitze der deutschen Wirtschaft aussieht.
Die Krux mit dem DAX
Und das Beste ist: Den Aufstieg kann man dem Unternehmen noch nicht einmal vorwerfen. Es erfüllt alle notwendigen Kriterien für die Aufnahme in den DAX, nämlich eine im Vergleich gute Position bei Börsenwert, Streubesitz und Handelsumsatz. Der Gewinn spielt hier tatsächlich keine Rolle.
Das Thema Aktienindizes ist sehr komplex, die Auswahl eines für die Anlage geeigneten Index ist gar nicht so einfach. Also: Augen auf bei der Index-Wahl! Es fängt damit an, dass der DAX aus nur 30 Unternehmen besteht und alleine schon deshalb die deutsche Wirtschaft nicht gut abbilden kann. Für eine sinnvolle langfristige Geldanlage kommt er aus diesem Grund nicht in Frage. Die Aufnahme von Unternehmen wie Delivery Hero ist dann noch das i-Tüpfelchen.
Gewichtung der Unternehmen im Index
Ein zweiter Aspekt, der die Komplexität der Welt der Indizes belegt, zeigt sich bei der Frage nach der Gewichtung der Unternehmen im jeweiligen Index. Dazu eine kleine Frage: Angenommen, der Börsenwert der im Dow-Jones-Index enthaltenen 30 US-Unternehmen bliebe von einem Tag zum nächsten unverändert. Welche Auswirkungen sollte das dann auf den Index haben? Ich würde sagen, idealerweise keine. Der Indexstand sollte sich ebenfalls nicht verändern. Das muss aber nicht unbedingt der Fall sein. Der Dow Jones ist nämlich ein preisgewichteter Index. Ausschlaggebend für die Gewichtung einer Aktie in diesen Indizes ist ihr Kurs. Eine Aktie, die 1000 Dollar kostet, hat also einen größeren Anteil als eine Aktie, die für 250 Dollar zu haben ist. Ein Aktiensplit im Verhältnis 1:4 sorgt genau für diesen Effekt: Der Kurs reduziert sich und damit auch der Einfluss des Unternehmens auf den Index. Da gleichzeitig aber die Zahl der Aktien entsprechend steigt, verändert sich die Bewertung nicht. Bildlich gesprochen: Die Größe der Pizza ändert sich nicht, sondern nur die Anzahl der Stücke. Und trotzdem kann so ein Split eben Auswirkungen auf einen Index haben. Ein Aktiensplit bei Apple sorgte jüngst für einen Rückgang des Indexgewichts von rund 12 Prozent auf 3 Prozent Anteil am Dow Jones – trotz unveränderter Marktkapitalisierung.
Eine Maßnahme zur optischen Kurspflege hat also Auswirkungen auf den – wie er korrekt heißt – Dow Jones Industrial Average. ETFs auf den Dow Jones sind übrigens genau aus diesem Grund relativ selten und gehören in kein Anlegerportfolio. Trotzdem wird er immer noch als US-Leitindex bezeichnet.
Was in der Welt der Indizes sonst noch wichtig ist
Bei der Zusammenstellung eines ETF-Portfolios kommt ein weiteres Detail des Index-Universums ins Spiel. Index-Herausgeber wie der Finanzdienstleister MSCI verlangen für die Nutzung ihrer Indizes Lizenzgebühren von den ETF-Anbietern. Die Höhe dieser Gebühren hat als Teil der Produktkosten also einen direkten Einfluss auf Ihre Rendite. Hier kann es sich lohnen, auf einen unbekannteren, preiswerteren Index zu setzen. Gleiche Wirkung, günstigerer Preis – ähnlich wie ein Generikum bei Medikamenten.
Zum Schluss noch ein Hinweis zum Thema „Äpfel und Birnen“. Die werden nämlich auch bei den Indizes gerne miteinander verglichen. Dow Jones, EURO STOXX 50 oder der japanische Nikkei 255 sind sogenannte Kursindizes, in deren Berechnung ausschließlich die Aktienkurse der enthaltenen Unternehmen einfließen. Der DAX wird üblicherweise aber als Performanceindex dargestellt. Hier wirken sich Ausschüttungen, wie beispielsweise Dividenden, positiv auf den Indexstand aus. Die Berechnung erfolgt so, als würden die Ausschüttungen direkt wieder investiert. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Bei der Investition in einen Kursindex gehen die Ausschüttungen nicht verloren, sie landen natürlich auch beim Anleger. Lediglich bei der Kalkulation des Index bleiben sie außen vor. Ein Vergleich des Chartverlaufs eines Performanceindex mit dem eines Kursindex zeichnet daher ein falsches Bild. So hat sich der DAX in den letzten fünf Jahren eben nicht fast 30 Prozent besser als der EURO STOXX 50 entwickelt, sondern nur etwa 10 Prozent.
Wir bringen Licht in den Index-Dschungel
Sie sehen also, dass die Auswahl passender Indizes und der darauf basierenden ETFs alles andere als trivial ist. Und spätestens, wenn diese ETFs dann auch noch zu einem funktionierenden und gut zu Ihnen passenden Portfolio kombiniert werden sollen, wird es eine Wissenschaft für sich. Die passenden Wissenschaftler sitzen übrigens bei uns im Anlagemanagement und kümmern sich täglich um effiziente Depots.
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