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Leistungsversprechen des Anlagemanagements und Benchmarkauswahl

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Wenn Anleger ihr Geld einem Investmentfonds, einer Vermögensverwaltung oder einem Berater anvertrauen, stellt sich nach gegebener Zeit einmal die Frage, wie gut (oder schlecht) das Geld denn in der Vergangenheit nun eigentlich angelegt war. Der Anlageerfolg muss also irgendwie bewertet und eingeordnet werden. In der Finanzbranche ist dafür das sogenannte „Benchmarking“ üblich – eine nicht ganz triviale Angelegenheit, was sich nachfolgend zeigen wird.

Unter Benchmarking versteht man im Anlagemanagement eine vergleichende Bewertung des Anlageerfolgs einer Strategie, einer Vermögensverwaltung oder eines Investmentfonds. Als Vergleichsmaßstab dient dabei häufig ein repräsentativer, bekannter Finanzindex, beispielsweise ein Aktienindex.

Im Zuge der Professionalisierung des Anlagemanagements hat sich der Benchmarkgedanke mittlerweile auch bei Privatkunden auf breiter Front durchgesetzt. Nachdem sich anfangs noch der eine oder andere Fonds gegen eine Benchmark gewehrt hatte, gilt sie mittlerweile als professioneller Standard.

Die relevante Frage ist daher nicht mehr, ob eine Benchmark generell überhaupt sinnvoll ist, sondern welche Benchmark sich am besten eignet. Doch dies ist nicht so leicht zu beantworten, wie es zunächst vielleicht scheinen mag, da die Kriterien für die Eignung einer Benchmark durchaus vielschichtig sind.

Eine mögliche Hilfestellung bietet daher eine Übersicht wünschenswerter Eigenschaften einer Benchmark. Die gängigsten sind – unter Anlehnung an einen Beitrag von Peter König in der Zeitschrift „Die Bank“ – in der folgenden Tabelle dargestellt.

Qualitätskriterien und Zielsetzungen einer Benchmark

Die Übersicht macht bereits deutlich, dass es eine perfekte Benchmark im Prinzip nicht geben kann, da alle Kriterien gleichzeitig kaum erfüllbar sind. So sind beispielsweise die verbreitetsten Index-Benchmarks nicht unmittelbar investierbar. Denn einen Index kann man nicht kaufen, allenfalls einen ETF, der diesen Index abbildet. Die Praxis zeigt jedoch, dass es hierbei teilweise erhebliche Differenzen zwischen ETF- und Indexentwicklung gibt. Ein ETF, bezogen auf beispielsweise den MSCI-Weltaktienindex, ist damit streng genommen eine andere Anlage als der Index selbst.

Jeder Wahl einer Benchmark muss daher die Entscheidung vorgelagert sein, welche Kriterien bei der Auswahl eine Rolle spielen und wie sie priorisiert werden sollen. Insbesondere im Privatkundengeschäft sollte dabei das Kriterium, ob das Leistungsversprechen des Fonds- oder Portfoliomanagements anhand der Benchmark überprüft werden kann, eine dominante Rolle spielen. Hier begegnet uns unsere Eingangs- und Leitfrage wieder, die beim Anleger selbstverständlich immer im Vordergrund steht: Wie gut war mein Geld in der Vergangenheit angelegt?

Nimmt man dies ernst, dann ist es zwingend erforderlich, nach Anlagestilen zu unterscheiden. Etwas verkürzt ausgedrückt, gibt es im Privatkundengeschäft im Wesentlichen zwei Arten von Anlagephilosophien. Auf der einen Seite stehen sogenannte „aktiv“ gemanagte, prognosegetriebene Anlagen. Diese versuchen, durch kurzfristiges, prognosegestütztes Agieren im Sinne des Abpassens günstiger Ein- und Ausstiegszeitpunkte („Market Timing“) bzw. der Selektion mehr oder weniger erfolgversprechender Aktien („Stock Picking“) eine möglichst hohe Wertentwicklung zu erzielen. Dem stehen Anlagemöglichkeiten gegenüber, für die sich unglücklicherweise der Terminus „passiv“ eingebürgert hat. „Passiv“ ist hierbei allerdings nicht wörtlich zu nehmen, sondern bedeutet im Grunde lediglich, dass bewusst auf die oben beschriebenen prognosegestützten Aktivitäten verzichtet wird. Stattdessen ist es das Ziel, durch die intelligente Kombination kostengünstiger Finanzinstrumente die Marktrendite zu „ernten“.

Für die Frage nach einer geeigneten Benchmark ist es nun entscheidend, dass diesen Anlagephilosophien völlig unterschiedliche Leistungsversprechen zugrunde liegen und ein und dieselbe Benchmark nicht beiden gerecht werden kann.

Leistungsversprechen „aktiven“ Managements

Etwas holzschnittartig formuliert, lautet das Leistungsversprechen aktiven Anlagemanagements in etwa wie folgt:

„Wir sind in der Lage, durch aktive Depot-Umschichtungen mit Hilfe des Market Timings und/oder des Stock Pickings nachhaltig eine überdurchschnittliche Wertentwicklung zu erzielen. Die Mehrrendite ist dabei so hoch, dass die deutlich höheren Kosten, die unser Ansatz zwangsläufig mit sich bringt, mehr als ausgeglichen werden.“

Ohne nun im Detail darauf eingehen zu wollen, was von diesem Leistungsversprechen zu halten ist, kann man festhalten, dass eine Überprüfung dieses Versprechens am besten mit einer indexorientierten Benchmark möglich ist. Denn das Leistungsversprechen bezieht sich genau darauf – implizit besagt es ja im Grunde: „Verzichten Sie auf kostengünstiges, indexnahes Investieren, denn wir können es besser!“ Für aktive Fonds und Vermögensverwaltungen ist daher ein dem jeweiligen Anlagesegment angemessener Index eine geeignete Benchmark.

Leider ist die Angelegenheit für „passive“, prognosefreie und indexnahe Anlagen nicht ganz so einfach.

Leistungsversprechen prognosefreien Anlagemanagements

Der Ausgangspunkt des prognosefreien „passiven“ Anlagemanagements ist die von der Wissenschaft immer wieder bestätigte Erkenntnis, dass durch „aktives“ Management keine konsistente Überrendite erzielt werden kann bzw. dass, wenn dies vorübergehend doch der Fall sein sollte, es sich von einem zufälligen Ereignis nicht unterscheiden lässt.

Der Großteil der aktiven Fondsmanager scheitert am Markt

Dementsprechend ist das Leistungsversprechen prognosefreien Investierens einfacher, aber zugleich auch subtiler – wie sich im Folgenden zeigen wird. Im Kern lautet es:

„Weil wir wissen, dass es letztlich ohnehin nicht funktioniert, versuchen wir erst gar nicht, durch ständig wechselnde und auf Prognosen gestützte Dispositionen eine Überrendite zu erzielen. Stattdessen versprechen wir, durch die intelligente Kombination kostengünstiger Finanzinstrumente die Marktrendite zu vereinnahmen.“

Subtil ist dieses Leistungsversprechen deshalb, weil es im Grunde zwei Versprechen beinhaltet: zum einen, dass aktives Management nicht besser ist als der Markt, und zum anderen, dass man die Marktrendite vereinnahmt.

Daher würde man für die Erfolgsmessung der indexorientierten Anlagephilosophie zwei Vergleichsmaßstäbe benötigen: zunächst einen eher technisch ausgestalteten, indexbasierten, der dem Anlagemanagement lediglich als eine Art Strategiegerüst dient. Mit seiner Hilfe wird vor allem geprüft, ob das Anlagemanagement die Renditen der entsprechenden Marktsegmente tatsächlich vereinnahmen konnte. Gleichzeitig kann ein solcher Vergleichsmaßstab als Messlatte für Weiterentwicklungen und Optimierungen des Anlagekonzepts dienen. Diese Benchmark ist für Anleger nicht investierbar, was im Kontext ihrer klar umrissenen Funktion als Strategiegerüst aber auch nicht erforderlich ist.

Dazu müsste es nun aber aus den oben genannten Gründen eine weitere Benchmark geben – eine Art „Kommunikations-Benchmark“ –, anhand derer der Anleger zuverlässig Auskunft darüber erhält, ob das (implizite) Leistungsversprechen, dass sich aktive Anlagestrategien nicht lohnen, eingelöst werden konnte. Denn hierbei handelt es sich ja um die entscheidende strategische Abgrenzung zu den anderen Investitionsmöglichkeiten am Markt, die dem Anleger zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund muss sie zwingend Anlagealternativen repräsentieren, die dem Kunden auch tatsächlich zur Verfügung stehen.

Halten wir also fest: Das implizite Leistungsversprechen prognosefreier Anlagephilosophien besteht vor allem darin, dass die entsprechenden Renditen vor Kosten letztlich nicht geringer sind als die „aktiver“, prognosegetriebener Anlagestile und nach Kosten sogar höher.

Vergleich mit aktiv gemanagten Fonds

Aufgrund der bisherigen Ausführungen liegt es nahe, die Ergebnisse prognosefreier Anlagen mit einer repräsentativen durchschnittlichen Wertentwicklung prognosegetriebener Fonds als Benchmark zu vergleichen. Denn es sind diese „aktiven“ Fonds und nicht irgendwelche abstrakten Indizes, welche die tatsächlichen Alternativen in der Anlagepraxis darstellen. Dazu kommt, dass nach wie vor zwischen 80 und 90 % aller Privatanleger tatsächlich in prognosegetriebenen Fonds investiert sind. Somit repräsentiert eine Benchmark aus möglichst vielen tatsächlich investierbaren „aktiven“ Fonds nicht nur eine theoretisch zur Verfügung stehende Anlagealternative, sondern genau die, die von der Mehrheit der Anleger tatsächlich wahrgenommenen wird. Sie signalisiert dem Anleger, wo er im Vergleich mit dem Durchschnitt aller anderen Anleger tatsächlich steht.

Wünschenswerter Einsatz von Benchmarks

An dieser Stelle können wir resümieren, dass wir neben dem Einsatz von klassischen Benchmarks im Bereich der prognosefreien Anlagestrategien die Verwendung einer alternativen Benchmark für sinnvoll halten, die das erweiterte Leistungsversprechen von indexorientierten Portfoliomanagern berücksichtigt – nämlich letztlich bessere Ergebnisse zu erzielen als vergleichbare aktive Anlagestrategien. Dieser Ansatz findet in der Praxis aber bis dato noch keinerlei Verbreitung.

Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die Etablierung einer solchen Benchmark eine Reihe „handwerklicher“ Anforderungen mit sich bringt und daher recht aufwändig ist. So muss beispielsweise geklärt werden, welche konkreten Kriterien einer Auswahl möglichst repräsentativer aktiver Fonds zugrundeliegen sollten.

Wir sind aber davon überzeugt, dass sich die Mühe lohnt, weil ein erweitertes Benchmark-Spektrum die Transparenz und das Verständnis hinsichtlich prognosefreier Anlagestrategien fördert und damit die Kommunikation zwischen Anlagemanagement und Anleger weiter verbessert.

Wir beschäftigen uns aktuell intensiv mit dieser Thematik und halten Sie an dieser Stelle gerne über den Fortschritt der Entwicklung auf dem Laufenden.

Autor: Prof. Dr. Stefan May, Leiter Anlagemanagement der Quirin Privatbank, und sein Team

 

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Disclaimer/rechtliche Hinweise

Der Beitrag ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Er enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Erläuterungen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Die Informationen wurden einzig zu Informations- und Marketingzwecken zur Verwendung durch den Empfänger erstellt und können keine individuelle anlage- und anlegergerechte Beratung ersetzen.

Die Informationen stellen keine Anlage- Rechts- oder Steuerberatung, keine Anlageempfehlung und keine Aufforderung zum Erwerb oder zur Veräußerung dar. Die Vervielfältigung und Weiterverbreitung ist nicht erlaubt. Kein Teil darf (auch nicht auszugsweise) ohne unsere ausdrückliche vorherige schriftliche Genehmigung nachgedruckt oder in ein Informationssystem übertragen oder auf irgendeine Weise gespeichert werden, und zwar weder elektronisch, mechanisch, per Fotokopie noch auf andere Weise.

 

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