Ich hoffe, Sie sind gut im neuen Jahr angekommen – ich wünsche Ihnen für 2023 von Herzen alles Gute, vor allem Gesundheit und Wohlergehen für Sie und Ihre Lieben. Außerdem wünsche ich Ihnen – und ehrlich gesagt uns allen – viele gute Nachrichten im neuen Jahr. Diese gibt es eigentlich immer zur Genüge, auch in unserer aktuell zugegebenermaßen besonders herausfordernden Zeit, oft gehen sie im Kanon der meist schwarzmalenden Medienberichterstattung aber völlig unter. So auch in den letzten Monaten.
Wir lesen oder hören viel öfter schlechte als gute Nachrichten. Und tatsächlich gab und gibt es von den schlechten ja auch eine ganze Menge. Da wundert es nicht, dass die Verfasserinnen und Verfasser der meisten Kapitalmarkt-Newsletter dieser Tage sich scheinbar einig sind, dass 2023 nicht viel besser werden könne als das Vorjahr. Ich bin da anderer Meinung, dazu gleich mehr.
Schlechte Nachrichten gipfeln vor allem in herausfordernden Zeiten gerne noch in pessimistischen Zukunfts-Prognosen. Ich habe dabei immer das Gefühl, dass je schwieriger die Zeiten sind, desto düsterer fallen diese Prognosen aus. Das Gute daran: Viele dieser trüben Prophezeiungen treten dann doch nicht ein. Einige Beispiele dafür hat die FAZ neulich für 2022 zusammengetragen:[1]
Alle diese Prognosen sind nicht wahr geworden: Wir geben uns wieder die Hände, eine neue Pandemie ist nicht in Sicht, die allermeisten Menschen können heizen und haben Strom, weder Putin noch ein Asteroid haben bisher unsere Erde zerstört.
Trotzdem stehen wir derzeit ohne Frage vor vielen Herausforderungen – global und national. Deutschland hängt in Sachen Digitalisierung hinterher, unsere Verwaltung ist viel zu bürokratisch, wir haben keine hippen Internetfirmen wie die USA, und unsere schönen Landschaften bergen kaum seltene Erden. Parallel explodieren die Energiepreise und die Lohnkosten, es fehlt an Arbeitskräften und an einer vernünftigen Rentenpolitik. Als Exportnation hängen wir am internationalen Handel, der zeitweise von den weltpolitischen Ereignissen stark belastet ist.
Entsprechend trübe sind die Aussichten vieler Expertinnen und Experten, wenn es um den Wirtschaftsstandort Deutschland geht. Das Lied des Abgesanges ertönt an vielen Stellen:[2] Deutschlands Geschäftsmodell sei in Gefahr, sagte kürzlich Industriepräsident Siegfried Russwurm. Der Chef des ifo Instituts, Clemens Fuest, fordert deshalb Änderungen ein. Eine „Deindustrialisierung“ unseres Landes fürchten diese Herren unisono: SPD-Chef Lars Klingbeil, Covestro-Chef Markus Steilemann und die Ökonomen der Deutschen Bank. Und der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze glaubt, dass es für die deutsche Wirtschaft „schlecht oder sogar besonders schlecht aussieht“.
Dieses negative Bild gefällt mir als Unternehmer überhaupt nicht. Und das aus zweierlei Gründen. Erstens stecken hinter der Verbreitung negativer Nachrichten oft ganz individuelle Interessen, dessen sollten wir uns stets bewusst sein, also zum Beispiel:
Zweitens gibt es durchaus eine ganze Reihe von guten Nachrichten, die zu einer Steigerung der allgemeinen Zuversicht beitragen könnten. In der medialen Berichterstattung kommen die aber oft zu kurz. Deshalb habe ich heute zehn davon für Sie zusammengetragen.
1. So schreibt beispielsweise die FAZ, dass die Produktion der deutschen Wirtschaft in 2022 trotz stark gestiegener Energiepreise kaum zurückgegangen ist. Das liegt unter anderem daran, dass Deutschland auch vor der Energiekrise kein Billigstromland war. Die von den gestiegenen Preisen betroffenen Unternehmen konnten die Preissteigerungen entweder besser händeln als erwartet oder sie haben prozentual nur einen kleinen Teil an der Gesamtwirtschaft ausgemacht.
2. Parallel verfügt Deutschland über enorme Stärken, was die Automatisierung angeht, sprich die Verknüpfung von Maschinen, großen industriellen Produkten und intelligenter Software: „Deutschlands Modell der Spezialisierung auf hochwertige, technologisch führende Industriegüter und damit verbundene Dienstleistungen ist schon oft totgesagt worden. Auch dieses Mal wird dies trotz aller Risiken nicht zutreffen. Die Unternehmen beweisen immer wieder, dass sie sich in der Summe flexibel auf neue Chancen und Gefahren einstellen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten können“, so Russwurm dann deutlich optimistischer.
3. Zudem streben Deutschland und Europa derzeit danach, unabhängiger von China zu werden. Das wird unter anderem dazu führen, dass das eine oder andere Produkt – Batteriezellen, Solarpanels, Arzneimittelwirkstoffe – auch wieder bei uns im Lande hergestellt wird.
4. Weiterhin sind die Materialengpässe, unter denen die deutsche Wirtschaft zuletzt gelitten hat, laut Münchner ifo Institut in nahezu allen Branchen rückläufig. Auch wenn die aktuellen Werte noch immer deutlich über ihrem langfristigen Mittel liegen, wird diese Entwicklung die Konjunktur in den kommenden Monaten stützen, ist Klaus Wohlrabe vom ifo Institut überzeugt.[3]
5. Darüber hinaus gibt es einige Branchen, in denen Deutschland in den kommenden Jahren einiges erreichen kann, zum Beispiel in der Pharmaindustrie. Weitgehend unbemerkt haben wir uns hier in den letzten Jahrzehnten wieder zur Apotheke der Welt entwickelt – nicht bei einfachen Medikamenten, sondern an der Spitze der Forschung. Grund zur Hoffnung bieten auch grüne Geschäftsmodelle, die für den Klimaschutz wichtig sind. So ist Deutschland derzeit beim Thema Wasserstoff noch top, muss aber dranbleiben, denn andere Nationen ziehen nach.
Weitere gute Gründe für gesunden und angebrachten Optimismus hat auch Gabor Steingart von „The Pioneer“ zusammengefasst.[4]
6. So erwarten das ifo Institut, die OECD und der IWF beispielsweise eine deutlich mildere Rezession als bisher prognostiziert. Laut einer KPMG-Umfrage sehen das auch viele Unternehmen so – 58 Prozent von 1.300 weltweit befragten CEOs teilen diese Auffassung. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) schätzt, dass die deutsche Wirtschaftsleistung 2023 sogar um 0,3 Prozent wachsen wird.
7. Die Stimmung auf den Chefetagen hat sich spürbar verbessert, der ifo Geschäftsklimaindex machte im Dezember 2022 einen Sprung nach oben.
8. Zudem fiel das Gewinnwachstum der im DAX notierten Unternehmen in 2022 trotz aller Herausforderungen fast genauso hoch aus wie im guten Börsenjahr 2021.
9. Die Inflation war 2022 mit 10 Prozent so hoch wie selten zuvor – jetzt gibt es erste Zeichen der Entspannung. So gingen die Erzeugerpreise dem Statistischen Bundesamt zufolge zuletzt um 3,9 Prozent zurück, die Verbraucherpreisinflation wird im Dezember voraussichtlich auf 8,6 Prozent (von zuletzt 10,4 Prozent) zurückgehen. Und auch die Importpreise haben sich deutlich abgeschwächt.[5]
10. Und auch wenn ein Ende des Krieges in der Ukraine noch fern scheint, sind die geopolitischen Spannungen nicht mehr ganz so stark wie zu Kriegsbeginn. Die russische Militäroffensive steckt fest, China distanziert sich indes von Moskau, der Westen reagiert geschlossen und lässt nicht zu, dass die Ukraine diesen Krieg verliert, so Steingart.
Alles in allem gibt es also auch wirklich viele gute Nachrichten, die uns einen zuversichtlichen Blick auf das vor uns liegende Jahr erlauben. Wenn Sie uns schon länger folgen, wissen Sie ohnehin, dass wir als Bank und ich ganz persönlich der festen Überzeugung sind, dass die Finanzmärkte sich immer wieder erholen – das war in der Vergangenheit so, das ist heute so und das wird auch in Zukunft so sein. Zuversicht und Optimismus sind zudem die grundlegenden Voraussetzungen dafür, glücklich zu sein. Und genau das wünsche ich Ihnen: dass ein glückliches neues Jahr vor Ihnen und vor uns allen liegen mag.
Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion
Wenn Sie noch etwas genauer wissen wollen, was wir vom Börsenjahr 2023 erwarten und wie Sie sich als Anlegerin bzw. Anleger optimal aufstellen können, um sowohl gute als auch weniger gute Börsenphasen durchzustehen, dann kommen Sie doch persönlich vorbei – zu einer unserer zahlreichen Veranstaltungen. Anmelden können Sie sich hier: https://www.quirinprivatbank.de/veranstaltungen
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