„Banken setzen auf Lebensmittel-Automaten als Kundenmagnet“ – ernsthaft? Wollen die Geldhäuser hierzulande damit ihre Kunden wieder in die Filialen holen? Lebensmittel-Automaten? Was zunächst amüsant klingt, hinterlässt bei mir einen bitteren Beigeschmack. Diese Schlagzeile[1], die wohlgemerkt nicht aus der Boulevardpresse stammt, zeigt, wie verzweifelt Finanzvorstände darum ringen, das Konzept für die Bank von morgen zu finden, um ihre Institute zukunftsfit zu machen.
Großbanken unter Druck
Zugegeben, deutsche Banken haben es nicht leicht: stetig steigende regulatorische Anforderungen, ein seit Jahren anhaltendes Niedrigzinsniveau, schrumpfende Margen bei konstanten oder zunehmenden Kosten. Hinzu kommt ein verändertes Kundenverhalten und der Wettbewerbsdruck durch branchenfremde Player und FinTechs, die ihnen die Kunden und vor allem den Kundenzugang im Netz streitig machen. All das setzt die Geldhäuser mächtig unter Druck. Sie haben ein enormes Kostenproblem, drehen Stellschrauben nach links, dann wieder nach rechts, trauen sich dabei aber nicht, wirklich neue Wege zu gehen. Die Geschäftsmodelle sind überholt – es fehlt an Innovationen.
Statt Innovationen: Filialschließungen und Umstrukturierungen
Die aktuelle Situation ist bei vielen Banken jedoch hausgemacht: Über Jahrzehnte wurden Innovationen auf die lange Bank geschoben, neue Wettbewerber müde belächelt und die sich verändernden Kundenbedürfnisse ignoriert. Stattdessen wurde unzählige Male umstrukturiert und immer wieder das Filialnetz erheblich ausgedünnt, um Kosten zu sparen.
Hin und Her (Strukturieren) macht Banken leer
Vor allem Großbanken werden nicht müde, intern immer und immer wieder umzustrukturieren. Kunden und Mitarbeiter können ein Lied davon singen: Mal werden Privatkunden und Firmenkunden gemeinsam, mal von unterschiedlichen Experten betreut, mal das Kredit- und Baufi-Geschäft aus den Filialen ausgelagert, um dann doch wieder zurückgeholt zu werden. Vermögende Privatkunden werden in Kompetenzzentren beraten – und dann doch wieder in den Räumlichkeiten vor Ort und so weiter und so weiter. Kaum ist eine Umstrukturierung umgesetzt, kommt die nächste. Das macht auf Dauer die Kassen der Banken aber nicht voller, sondern leerer. Es ist wie bei der Geldanlage: Hin und Her macht Taschen leer.
Filialschließungen: Und da waren es nur noch …
Um Kosten zu sparen, werden oft auch Filialen geschlossen. Seit 30 Jahren gibt es bei der Anzahl der Filialen nur einen Trend – nach unten. Heute hat Deutschland noch etwa so viele Bankfilialen wie in den 50er Jahren. Allein in den letzten zehn Jahren ist das Filialnetz bundesweit um mehr als 30 Prozent geschrumpft. Und wir werden auch in Zukunft Schließungen erleben – über viele Jahre hinweg. Damit verbunden ist meist ein Personalabbau. So gab beispielsweise die Deutsche Bank letztes Jahr bekannt, 18.000 Stellen streichen zu wollen, die Commerzbank 4.300.[2] Das Problem: Filialschließungen allein reichen nicht, damit Banken finanziell gesunden und langfristig am Markt bestehen können.
Fusionen: Warum aus zwei Blinden kein Sehender wird
Neben Filialschließungen und Umstrukturierungen stehen bei Kostensenkungsprogrammen oft auch Fusionen im Raum, manchmal auch grenzübergreifend. Doch wenn zwei Blinde sich zusammentun, dann wird daraus kein Sehender. Fusionen aus der Not heraus (ich überspitze ganz bewusst!) bringen keinerlei Synergien, im Gegenteil: Die beteiligten Unternehmen sind oft auf Jahre damit beschäftigt, die beiden Häuser ineinander zu integrieren. Zudem wird damit genau das verhindert, was aus Kundensicht eigentlich wünschenswert wäre: echte Innovation, gelebte Kundenorientierung und eine wirkliche Metamorphose der Banken.
Und was sagen die Kunden dazu?
Fusionen und Umstrukturierungen bringen aus Kundensicht selten eine Verbesserung, sondern nur unnötige Unruhe, häufig wechselnde Ansprechpartner und zunehmende Unzufriedenheit. Das ist zumindest das, was ich von Mitarbeitern und Kunden der betroffenen Häuser immer wieder höre. Es fehlt nicht nur an der Kommunikation, sondern auch an der Sinnhaftigkeit. Darüber hinaus werden keine Lösungen geschaffen. Beispielsweise, wenn in ländlichen Regionen die letzte Bankfiliale vor Ort schließt, die Services aber nicht alternativ zur Verfügung gestellt werden, z. B. über Onlineangebote oder Partnerfilialen für einen Bargeldservice. Kurzum: Der Kunde bleibt auf der Strecke, all diese Änderungen bedeuten für ihn keine Verbesserung, sondern nur Verwirrung. Die Banken drehen sich – mal wieder – nur um sich selbst statt um ihre Kunden.
Wann waren Sie das letzte Mal in einer Bank?
Trotzdem geben große Teile der Bevölkerung in Umfragen immer wieder an, sich eine Filiale vor Ort zu wünschen, selbst die Jüngeren. Wie die Grafik zeigt, legt fast jeder Zweite Wert auf eine Bank vor Ort – immerhin. Ähnlich hoch ist die Zahl bei den jüngeren Kunden (44 Prozent).
Was mich daran immer verwundert: Gefühlt geht dann aber trotzdem keiner hin. Oder wann waren Sie das letzte Mal in einer Bank – und ich meine damit nicht zum Geldabheben? Diese mangelnde tatsächliche Nutzung, die auch die folgende Grafik bestätigt (jeder Zweite ist seltener als einmal im Quartal in der Bank), liegt meiner Meinung nach daran, dass die Services und Geschäftszeiten immer weiter ausgedünnt wurden. Anlageberatung findet nicht mehr statt, sondern ist ein Thema für Spezialisten an ausgesuchten Standorten. Bei den Baufinanzierungen und Krediten verhält es sich genauso. Deshalb brauchen wir letztlich tatsächlich weniger Filialen in der Fläche – und werden einen entsprechenden Rückgang in den nächsten Jahren beobachten.
Beides gefragt: digitale Produkte und persönliche Beratung
Trotz schrumpfendem Filialnetz wird es dennoch immer Bedarf für beide Welten geben: für schnelle digitale Lösungen, wie die nachkommenden Generationen sie vorzugsweise nutzen, und für die persönliche Beratung vor Ort. Ob diese dann in der Filiale erfolgt, beim Kunden zu Hause, in Flagshipstores, in einem Augmented Shop oder in einer Kiosk-Filiale, ist letztlich nebensächlich.
Und weil dieser Bedarf auch heute schon genauso da ist, bedienen wir eben auch beide Welten. Wer mag, kann bei der Quirin Privatbank das Rundum-sorglos-Paket buchen mit persönlicher Beratung in allen Anlagefragen. Oder aber eine günstige, ausschließlich digitale Anlage bei quirion nutzen. Und wer das Beste aus beiden Welten will, kann auch das haben. Damit bieten wir das erste echte Modell hybrider Bankberatung. Und ausschließlich unabhängige Beratung. Das ist – Stand heute – einzigartig in Deutschland. Und Einzigartigkeit ist genau die Zauberformel für alle Banken bei der Suche nach dem Konzept der Zukunft. Denn die Bank von morgen muss vor allem eins sein: einzigartig.
Onlinegrößen bedrohen Zugang zu Kunden
Warum ist Einzigartigkeit der Schlüssel zur Bank der Zukunft? Traditionelle Banken verlieren im Zeitalter der Digitalisierung mehr und mehr den Kontakt zum Kunden.[3] Die Kundenreise beginnt immer öfter bei Google. Von dort werden die Suchenden meist zu Vergleichsportalen weitergeleitet. Banken müssen den Portalen hohe Provisionen zahlen, wenn sie Zugang zu diesen potentiellen Kunden haben wollen. Das ist teuer und macht abhängig. Ein Ausweg aus der Misere: Das Geschäftsmodell der Banken sollte im besten Fall so einzigartig wie möglich sein. Sie müssen also nach einem Alleinstellungsmerkmal, nach Einzigartigkeit streben. Einige tun das bereits, indem sie vermehrt auf eigene Plattform-Geschäftsmodelle schielen. Der Weg zur Einzigartigkeit läge hier dann also im konsequenten Ausbau der eigenen noch vorhandenen Kundenschnittstellen.
Traut euch mehr – wir tun es auch!
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Auch wir sind noch nicht angekommen, lernen immer wieder dazu, entwickeln uns weiter, wachsen gemeinsam mit unseren Kunden. Wer allerdings glaubt, mit Fusionen, Umstrukturierungen oder Filialschließungen von der kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschäftsmodell ablenken zu können, der irrt. Wir brauchen Einzigartigkeit und vor allem den Mut, Dinge auszuprobieren. Kreative Köpfe und tolle Ideen gibt es in den großen und kleinen Banken dieser Welt genug: Traut euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, und setzt diese Ideen auch um.
Wir versuchen das hier für unsere Kunden ebenfalls. Wir verzichten auf Provisionen und beraten unabhängig. Das tun wir mittlerweile in einer hybriden Welt, wo einzig unsere Kunden entscheiden, was sie wollen. Wir versuchen, uns jeden Tag aufs Neue zu fokussieren, auf das, was wirklich wichtig ist – unsere Kunden. Das klappt nicht immer gleich gut und es gibt noch viel zu tun. Aber wir haben Ideen – und wir trauen uns, auch wenn mal was schiefgeht. Das wünsche ich mir auch von meinen Kolleginnen und Kollegen in den Frankfurter Banktürmen.
Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion
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