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„Die Wirtschaft“? Das sind wir alle!

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Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken, die Sonne lässt sich kaum noch blicken – der Spätherbst ist für viele Menschen ohnehin nicht die angenehmste Jahreszeit. In diesem Jahr ist sie für alle zu einer enormen Belastungsprobe geworden, denn mit ihr kam die Bedrohung durch das Corona-Virus wieder unmittelbar in den Alltag zurück. Im Sommer gab es viele Möglichkeiten, das Leben trotz der Corona-Einschränkungen zu genießen. Damit trat auch das Bedrohliche dieser für uns alle ungewohnten Situation gefühlt stärker in den Hintergrund. Und medial war eine wachsame, aber unaufgeregte Beschäftigung mit dem Thema möglich. Aber hätten wir diese Zeit nicht besser nutzen müssen, um uns auf die erwartungsgemäß wieder ansteigenden Zahlen im Herbst und im Winter vorzubereiten? Ja, meiner Meinung nach hätten wir das tun sollen. Das zeigt vor allem die eine oder andere zu kurz gesprungene Schlussfolgerung, die derzeit in der öffentlichen Diskussion (wieder) befeuert wird.

Einer von diesen Schlüssen, der mich ganz besonders beschäftigt, ist die ständige Gegenüberstellung von a) der Gesundheit der Bevölkerung und b) den Interessen „der Wirtschaft“. Also: Sollen wir in der gegenwärtigen Situation möglichst rigide Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ergreifen und damit die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit der Menschen schützen? Oder sollten diese Maßnahmen im Interesse „der Wirtschaft“ lieber weniger drastisch ausfallen? Als entscheidende Frage wird also suggeriert: Wirtschaft oder Gesundheit – was ist wichtiger?

Gesundheit oder die Wirtschaft?

Dieser Trugschluss beschäftigt mich nicht nur, er ärgert mich sogar. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Dies nicht, weil ich als Vorstandsvorsitzender einer mittelständischen Bank eben den in solchen Statements unterschwellig unterstellten Interessen „der Wirtschaft“ anhänge. Meine Mitarbeiter und ich sind vielmehr in der privilegierten Position, dass wir unseren Kunden die Dienstleistungen auch ohne persönlichen Kontakt fast problemlos bereitstellen können, wenn auch nicht so nah und individuell wie sonst.

Nein, mir geht es darum, dass ein solches Ausspielen von vermeintlichen Gegenpolen suggeriert, dass „die Wirtschaft“ etwas ist, das vollkommen an den Interessen der Bevölkerung vorbeigeht oder mit ihnen nichts zu tun hat. Dabei bedeutet „die Wirtschaft“ nichts anderes als die Lebensgrundlage eines jeden Einzelnen von uns. Denn: Geht es „der Wirtschaft“ schlecht, geht es uns allen schlechter. Kurzfristig bekommen das nicht alle Menschen zu spüren, sondern nur ein Teil. Auf der Unternehmensseite sind das momentan vor allem diejenigen, die weniger privilegiert sind mit ihren Gütern und Dienstleistungen als wir in unserer Bank: Gastronomen, Hoteliers, freischaffende Künstler und viele andere, die sich im Moment kaum ihre Lebensgrundlage erarbeiten können. Aber nicht nur sie sind betroffen, sondern über kurz oder lang jeder von uns. Das geht uns alle an und hat mit „der Wirtschaft“, wie sie in solchen unrühmlichen Statements gemeint ist, überhaupt nichts zu tun.

Ein zweites Missverständnis könnte dabei aufkommen, nämlich dass ich also denke, die Maßnahmen gegen das Coronavirus seien überzogen und man müsse sich darüber eigentlich gar keine Sorgen machen. Aber auch hier gilt: ganz im Gegenteil! Wir alle sind vielmehr angewiesen auf tragfähige Konzepte, die mittelfristig sowohl eine Eindämmung des Virus als auch eine möglichst breit angelegte wirtschaftliche Aktivität erlauben. Angesichts der jüngsten Entwicklungen ist meiner Meinung nach schon die Frage erlaubt, ob die Sommermonate hierzulande ausreichend genutzt wurden, solche Konzepte zu erarbeiten. Denn beides – Gesundheit und Wirtschaft – ist für uns alle lebenswichtig. Und nicht das eine steht dem anderen im Weg.

Die Wirtschaft ist also die Basis für den Wohlstand und das Wohlbefinden eines jeden Einzelnen von uns. Die Menschen brauchen die Wirtschaft, sie sind Teil der Wirtschaft und die Wirtschaft ist ein wesentlicher, unverzichtbarer Teil ihres Lebens.

Daraus ergibt sich eine wichtige Frage: Worauf wollen und können wir einerseits getrost verzichten und was aber riskieren wir, wenn wir den Wirtschaftsprozess über einen längeren Zeitraum zu sehr lähmen müssten? Denn „die Wirtschaft“ – jetzt einmal im besten Sinn als soziale Marktwirtschaft verstanden – leistet für uns alle nicht „nur“ die tägliche Lebensgrundlage, sondern auch die Anpassung unserer Gesellschaft an neue Herausforderungen und an sich ändernde Rahmenbedingungen durch den menschengemachten technischen Fortschritt.

Technische Innovationen seit 1980

Schauen Sie sich spaßeshalber mal eine Reportage oder eine Tagesschau aus den 80er oder 90er Jahren an. Im Vergleich von Stadtbild, Lebensumständen, Alltäglichkeiten damals und heute wird deutlich, was ich damit meine. Und das ist gerade mal 30 bzw. 40 Jahre her. Das Vertrackte dabei: Wirklich sichtbar wird diese Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft und dieses Begleiten von Veränderungsprozessen erst auf einer solch langen Zeitachse.

Tagesthemen 80iger Jahre

Die Arbeit daran findet aber tagtäglich in den Unternehmen, bei den Selbstständigen, im Erwerbsleben statt. Je länger und tiefer wir dort Abstriche machen, desto weniger können wir uns auf den Innovations- und Bedürfnisbefriedigungs-Garanten der sozialen Marktwirtschaft verlassen, der uns in den letzten Jahrzehnten so unvergleichliche Dienste geleistet hat.

Damit sind wir dann auch – ob Sie es glauben oder nicht – bei einem ganz wesentlichen Dreh- und Angelpunkt unserer Anlagephilosophie angekommen: dem tiefen Vertrauen in die Innovationskraft, die Anpassungsfähigkeit und die Leistungsfähigkeit der marktwirtschaftlichen Ordnung.

Die Wirtschaft wächst - weltweit

Das durch sie hervorgerufene beispiellose wirtschaftliche Wachstum, das wir in den letzten Jahrzehnten weltweit erleben konnten, ist die entscheidende Triebfeder für die Renditepotenziale weltweit gestreuter und prognosefrei investierter Aktienengagements wie in unserer Vermögensverwaltung „Markt“. Denn die marktwirtschaftliche Ordnung ist es, die im Grunde garantiert, dass auch auf den tiefsten wirtschaftlichen Fall immer wieder auch eine tiefgreifende und langanhaltende wirtschaftliche Erholung folgt. Auch das hat für jeden Einzelnen nichts mit „der Wirtschaft“ zu tun, sondern sichert Lebensgrundlagen. Und für Sie als Anleger sichert es – das richtige, langfristig tragfähige Konzept vorausgesetzt (auch hier wieder eine Parallele zur aktuellen Lage) – Renditeperspektiven für Ihre Kapitalanlage. Neben der unmittelbaren Bekämpfung der Pandemie ist es daher eine ganz wesentliche Aufgabe, die Funktionsfähigkeit dieser Ordnung und auch das Vertrauen der Bevölkerung in sie zu bewahren. Nicht im Interesse „der Wirtschaft“, sondern eines jeden Einzelnen von uns.

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

 

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