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Versprochen, gebrochen

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In volatilen Börsenphasen, in Krisen, wenn die Aktienkurse auf Talfahrt gehen, dann schlägt die Stunde der aktiven Fondsmanager – zumindest, wenn man ihnen selbst oder der medialen Berichterstattung glauben mag. Wie oft habe ich das schon gelesen – in der Dotcom-Blase, in der Finanzmarktkrise 2008/2009, zuletzt beim Überfall Russlands auf die Ukraine.

Die Versprechungen können, wie es scheint, gar nicht groß genug sein. Besonders gut gefällt mir z. B. folgende Aussage von Börse-Online in diesem Zusammenhang: „Gerade jetzt schlägt die Stunde der aktiven Manager und ihrer Fonds. Während der passive ETF die Talfahrt komplett mitmacht, kann der aktive Manager die Investitionsquoten im Fonds so verändern, dass die Schmerzen der Anleger nicht allzu heftig ausfallen.“[1]

Doch was ist da dran, schaffen es aktive Manager tatsächlich, den Markt vor allem in schwierigen Börsenphasen zu schlagen und den Schmerz der Anleger zu mindern? Dieser Frage gehe ich heute auf den Grund, da mir dieser Tage zwei aktuelle Studien über den Weg gelaufen sind, deren Ergebnisse ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. 

Collage von Newsartikeln aus verschiedenen Wirtschaftsmagazinen zum Thema aktive Aktienfonds

Aber von vorn: Eine der beliebtesten Anlageformen am Kapitalmarkt sind Fonds. Dabei gibt es quasi zwei Welten, zwischen denen man als Anleger wählen kann: einerseits das aktive (besser gesagt das prognosegetriebene) Investieren und andererseits das passive (oder treffender beschrieben: das prognosefreie) Investieren.

Aktives Management will den Markt schlagen 

Die Anhänger des aktiven Fondsmanagements versprechen Anlegern mehr oder minder direkt, dass sie dank ihres Fachwissens systematisch mehr Rendite erzielen, als der Durchschnitt aller Anleger an dem jeweiligen Markt erwirtschaftet. Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Ein „aktiver“ Aktienfondsmanager, der prognosegetrieben in die Werte des DAX investiert, stellt eine Mehrrendite gegenüber dem Durchschnitt des DAX in Aussicht. Im Investmentjargon nennt man das dann „den Markt schlagen“. Das soll erreicht werden, indem beispielsweise auf die perfekten Ein- und Ausstiegszeitpunkte oder die besten Einzeltitel für Anleger gesetzt wird. Diese Fonds suggerieren also, mit Prognosen, wie die Märkte sich in Zukunft entwickeln werden, selbige schlagen und so mehr für Anleger herausholen zu können. 

Aktives Management will besonders in Krisen überzeugen

Das aktive Management betont dabei gerne, dass diese Expertise besonders dann zum Tragen kommt, wenn es an den Märkten ruckelt. In ruhigen Phasen wäre es ja noch halbwegs vertret- und entschuldbar, auf passive Indexfonds zu setzen, spätestens aber in Krisen schlägt die Stunde der richtigen, der aktiven Manager. Ihre Expertise und ihr Geschick seien dann gefragt, um Anleger vor hohen Verlusten zu schützen. Das würden aktive Manager schaffen, indem sie bestimmten Marktentwicklungen gegensteuern oder diese gezielt ausnutzen. Ein Beispiel dafür ist das Investieren in die Rüstungsindustrie, sobald ein Krieg ausbricht, oder das Vermeiden von besonders konjunkturempfindlichen Einzeltiteln in turbulenten Marktphasen.

Krisen gab und gibt es mehr, als uns allen lieb ist – eigentlich genug Gelegenheiten also für das aktive Management zu beweisen, was es kann. Doch ist es tatsächlich gelungen, haben die aktiven Fondsmanager in der letzten Krise besser performt als der breite Markt? Die Antwort findet sich in zwei aktuellen Studien:

1. Die Fondsplattform ENVESTOR hat für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung die größten aktiv gemanagten Fonds untersucht, die deutsche Anleger besitzen. Das Ergebnis war ernüchternd: Alle Fonds (der unten gezeigten) entwickelten sich 2022 schlechter als der Vergleichsindex, zum Teil mit einem Unterschied von 10 Prozent – 10 Prozent schlechter, wohlgemerkt. Dasselbe Bild zeigt sich bei der Betrachtung der letzten drei Jahre – auch da lagen die Fonds zum Teil deutlich hinter den Indizes. Das heißt (und das zeigt auch die Grafik), in den allermeisten Fällen sind Anleger mit ETFs, also mit passivem, prognosefreiem Investieren, besser gefahren. Und das heißt auch: Die wenigen tatsächlichen Erfolge des „aktiven“ Managements lassen sich vom Zufall nicht unterscheiden.

Beliebte Aktienfonds im Vergleich: Performance beliebter Aktienfonds im Vergleich zum jeweiligen Index

2. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei einer Auswertung des Fondsanalysehauses Morningstar, bei der 26.000 aktive und passive Fonds unter die Lupe genommen wurden, deren Anbieter in Europa sitzen. Demnach haben sich aktive, also durch Fondsmanagerhand gesteuerte Fonds im vergangenen, schwierigen Börsenjahr nicht besser geschlagen als ihre deutlich kostengünstigere Konkurrenz, die Indexfonds ETFs. Die Erfolgsquote aktiv gemanagter Fonds mit Sitz in Europa konnte 2022 „nicht beeindrucken“. Ein noch schlechteres Bild zeigt sich, wenn man auch hier den betrachteten Zeitraum auf zehn Jahre erweitert. Gerade aber das Jahr 2022, das Anlegern infolge von Kriegswirren, Energiekrise, Rezessionssorgen und steigenden Kapitalmarktzinsen zweistellige Verluste mit internationalen Aktien und Anleihen bescherte, hätte eine Chance für aktive Manager bedeuten können, so der Autor des Auswertungsberichtes. Sie hätten die passive Konkurrenz schlagen müssen, da diese in der Regel den gesamten Abwärtstrend der Märkte mitnähmen. 

Doch die aktiven Manager haben – mal wieder – nicht überzeugt. Das ist nicht neu. Aktives Management schlägt maximal kurzfristig und zufällig den Markt, niemals nachhaltig und langfristig. Das zeigt auch eine Auswertung, die wir schon an verschiedenen Stellen gebracht haben – und die an ihrer Richtigkeit nichts eingebüßt hat, auch wenn die Daten aus 2019 stammen. Es handelt sich um eine weitere Analyse von Morningstar, die zeigt, dass nur acht der Top-100-Fonds eines Jahres auch im Folgejahr wieder zu den Top 100 gehören. Acht. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Anleger einen von diesen acht erwischen? Okay, in manchen Jahren waren es auch mal 20, in manchen Jahren war aber kein einziger Top-100-Fonds im nächsten Jahr auch wieder unter den besten 100. Deshalb werden auch so viele Fonds innerhalb kurzer Zeit wieder geschlossen, wie unser Chef-Anlagestratege Stefan May gerade vergangene Woche im Logbuch „Diagnose: massiver Fondsschwund“ gezeigt hat.  

Fondsmanager nur zufällig erfolgreich

Passives Investieren ist nicht passiv, sondern prognosefrei

Wie die Auswertungen veranschaulichen, haben Anleger also keinen Vorteil, wenn sie auf aktives Fondsmanagement setzen, im Gegenteil, mit prognosefreiem Investieren fahren sie mittel- bis langfristig besser und verlässlicher. Lassen Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich dabei nicht von dem oft verwendeten Begriff des passiven Investierens täuschen. Passivität ist negativ konnotiert und wird in vielen Lebensbereichen gleichgesetzt mit Trägheit, Faulheit, Bequemlichkeit, Untätigkeit, Abwarten. Einzig Abwarten im Sinne von „die einmal eingeschlagene Anlagestrategie durchhalten“ ist im Geldanlagezusammenhang zutreffend – alles andere können Sie getrost vergessen. Passives Investieren verzichtet vielmehr auf Prognosen, wie die Märkte sich entwickeln werden – denn die sind nichts anderes als Spekulation. Die letzten drei Jahre mit der Corona-Pandemie und dem Kriegsbeginn in der Ukraine haben das einmal mehr eindrücklich unter Beweis gestellt.

Fassen wir also zusammen: Wer sein Geld einem „aktiven“, prognosegetriebenen Fondsmanager anvertraut, tut das in der Hoffnung, dass dieses kostenintensive aktive Management eine bessere Rendite erzielen möge, als der Markt es im Durchschnitt kann. Diese Hoffnung erfüllt sich – jedenfalls systematisch – nicht, wie wir oben gesehen haben. Das ist im Übrigen auch nicht neu oder überraschend, sondern seit Jahren in der wissenschaftlichen Finanzmarktforschung allgemein bekannt. Auch ich habe an dieser Stelle schon des Öfteren darüber gesprochen.

Lieber langweilig als versprochen und gebrochen

Und noch etwas: So wie der aktive Fondsmanager kein guter Anlageberater ist, so sind es auch die Finanzseiten im Internet in vielen Fällen nicht. Denn die Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen stecken in demselben Dilemma wie die (provisionsfinanzierten) Bankberater hierzulande – sie müssen immer wieder neue Geschichten erzählen, um immer wieder neue Produkte zu verkaufen respektive tagtäglich die Finanzseiten zu füllen. Dabei geht es immer um Trara – und Trara lässt sich mit den Prognosen der aktiven Manager besser machen als mit dem prognosefreien Ansatz, der im Grunde immer dasselbe sagt: weltweit breit gestreut investieren und die einmal eingeschlagene Strategie konsequent beibehalten, durch alle Höhen und Tiefen. Das mag langweilig klingen und das kann man nicht jeden Tag schreiben, aber es ist der Weg, mit dem Anleger regelmäßig besser fahren als mit den wohlklingenden Versprechen der vermeintlich überlegenen prognosegetriebenen Manager, die ohnehin nicht gehalten werden können. Die Zahlen hierzu sprechen – auch und besonders in Krisenjahren – eine deutliche Sprache. 

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

 

Wenn Sie Fragen zum aktiven Management, zum prognosefreien Investieren mit ETFs oder zu anderen Anlagethemen haben, kommen Sie doch gerne persönlich an einem unserer 15 Standorte vorbei – wir freuen uns auf eine Tasse Tee oder Kaffee mit Ihnen. Vereinbaren Sie hier Ihren Termin.

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[1] "Die Stunde der aktiven Manager"

 

Disclaimer/rechtliche Hinweise

Der Beitrag ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Er enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Erläuterungen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Die Informationen wurden einzig zu Informations- und Marketingzwecken zur Verwendung durch den Empfänger erstellt und können keine individuelle anlage- und anlegergerechte Beratung ersetzen.

Die Informationen stellen keine Anlage- Rechts- oder Steuerberatung, keine Anlageempfehlung und keine Aufforderung zum Erwerb oder zur Veräußerung dar. Die Vervielfältigung und Weiterverbreitung ist nicht erlaubt. Kein Teil darf (auch nicht auszugsweise) ohne unsere ausdrückliche vorherige schriftliche Genehmigung nachgedruckt oder in ein Informationssystem übertragen oder auf irgendeine Weise gespeichert werden, und zwar weder elektronisch, mechanisch, per Fotokopie noch auf andere Weise.

[1] "Die Stunde der aktiven Manager"

 

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